Aus den Feldnotizen von Dr. Franz Kröger:



TOD, BESTATTUNG, TOTENFEIERN



3.1 TOD UND BESTATTUNG


A) ERWACHSENE MÄNNER UND FRAUEN (NORMALFALL)


Vorbemerkung:

Während Totenfeiern halb-öffentliche Veranstaltungen sind und die Teilnahme eines fremden Ethnologen normalerweise nicht mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, werden Beerdigungen eines nahen Verwandten als eine Familienangelegenheit angesehen. Die meisten Handlungen finden innerhalb des Gehöftes statt und die eigentliche Beerdigung des Toten wird meistens nachts ausgeführt. Daher konnte der Autor (Dr. Franz Kröger) auch nur an wenigen Bestattungenfeiern (Gh. Engl. “fresh funeral”, Buli ku-yogsik, frischer Tod oder ku-palik, neuer Tod) in ihrer Vollständigkeit teilnehmen. Es war ein glücklicher Zufall, dass von vier Bestattungstypen jeweils wenigstens eine fast vollständig beobachtet und dokumentiert werden konnte:

1. Bestattung eines Erwachsenen: Diana Akumasi in Apok Yeri, Wiaga-Yisobsa, Schwester meines Freundes und Assistenten Yaw Akumasi (Wiaga-Yisobsa-Napulinsa); Abkürzung: Di

2.Bestattung eines Kleinkindes: Akanchainfiik (Abkürzung: Akf), Enkelin meines Freundes Anamogsi in Anyenangdu Yeri, Wiaga-Badomsa: 13.10.88 (fn 62-63)

3. Bestattung eines kikiruk (Unholdes in Menschengestalt): 17.4.1989 (Sinyangsa, fn 260, 262)

4.”Bestattung” eines in der Fremde oder außerhalb des Gehöftes Verstorbenen, ohne dass ein Leichnam vorhanden ist: Amanchinaab Yeri (Wiaga-Badomsa), 24.2.2005: Bestattung eines vor langer Zeit Verstorbenen

Ich danke allen, die mir diese Teilnahmen ermöglicht haben.

Außerdem konnten andere Bestattungen in Auszügen gesehen werden, z.B. 1994 die Beerdigung einer alten Frau in Atinang Yeri im Viehhof des Gehöfts (Wiaga-Badomsa)

Wichtig für die Erstellung der folgenden Auflistung waren daher auch Informationen von verschiedenen Personen.


Abkürzungen der Informanten

Achaw: Godfrey Achaw, Krankenpfleger, Sandema-Kalijiisa-Yongsa

Dan: Danlardy Leander, Lehrer, Asik Yeri, Wiaga-Badomsa

Leander: Leander Amoak, Lehrer, Asik Yeri, Wiaga-Badomsa, Danlardys Vater, ✝ 1983

Mg: Margaret Lariba Arnheim aus Gbedema-Gbinaansa, seit 1979 in Deutschland

Yaw: Yaw Akumasi, Apok Yeri, Wiaga-Yisobsa


Häufiger verwendete Buli-Termini:

dabiak: Innenhof

dachoruk: Grabstock mit Eisenblatt, Spaten (zum Ausschachten des Grabes)

dalong: syn. kpilima dok: Ahnenraum im Innenhof der ersten Frau des Gehöftherrn

kobisa: patrilineare Verwandte, bezieht sich oft auf eine Gruppe von Nachbargehöften

kpagi: elder, Vorsteher eines Lineage- Segments aufgrund seiner Seniorität

kusung: Schattendach und Versammlungsraum vor dem Gehöft

sanyigmo: Heiratsvermittler zwischen den Sektionen der Braut und des Bräutigams

tampoi: Aschehaufen, Abfallhaufen vor dem Gehöft

teng nyono: Erdherr, Opferer eines Erdschreins

vayiak: Totengräber

yeri: Gehöft

yeri nyono: Vorsteher eines Gehöfts


1. TOD (kum)

Tod im traditionellen Gehöft

1984,6a: Als Leander den Tod nahen sah, wollte er als Todkranker in das traditionelle Gehöft gebracht werden

1994,90a*: Dan: Maami wollte im traditionellen Gehöft ihres Gatten in Badomsa sterben

Inf. Yaw: Wenn seine Schwester Diana, die im Krankenhaus von Sandema starb, dort auch beerdigt worden wäre ohne dass sie vorher Apok Yeri besucht hätte, wäre es ein "Tod im Busch" (sagi) gewesen und man hätte Erde von ihrem Grab in Wiaga begraben müssen (s. ngarika). Bei einem vorherigen Besuch wäre es zwar kein sagi-Tod gewesen, es hätte aber doch Erde vom Grab in Apok Yeri bestattet werden müssen.


Anwesenheit naher Verwandter gefordert

1973,44a+b: Achaw: Sterben: für Männer und Frauen ist es eine Schande allein zu sterben;

1984, 6a: Leander wollte im Kreis seiner Familie sterben


Tröstungen

Mg 60a: Sterbender verbal getröstet: Naawen te fi nyingyogsa! Gott gebe dir Gesundheit!


Kopf und Oberkörper gestützt

1973,44a; ältere Frauen halten Sterbenden


Wasser

1973,44a: Achaw: Anwesende beschütten ihn mit Wasser zur Erleichterung des Schmerzes;


Prognostizierung des eingetretenen Todes, z.B. durch einen Spiegel vor dem Mund


Information:

Frauen informieren yeri nyono über den Tod; (s. auch unten: Bestätigung durch Totengräber)


Aufbahrung: Toter (Bezeichnung kpiok bis nach Bestattung) wird im dalong auf einer Matte aufbewahrt

2003 Di (Yisobsa): Die Tote wird im dalong aufgebahrt; eine gebrauchte Schlafmatte wird besorgt


Sonderfall für Besitzer eines juik-bogluk (Mungo-Schreins)

2002,36a: Yaw: Als Abangdiok im Sterben lag, legte man ihm sein juik-Fell um den Hals (Abschied von diesem, das kein anderer erben kann)


Sonderfall Suizid

Mg 8a: ein ältere Mann versuchte Suizid durch Erhängen, aber der morsche Ast brach; Begründung: er wollte bei den Ahnen sein: In Gbedema tötete sich ein Mann, indem er sich mit vergifteten Fischhaken an mehreren Körperstellen verletzte. Ein anderer wollte sich mit einem Messer die Kehle durchschneiden, wurde aber nur verletzt

 

Sonderfall Tod einer Frau in ihrem Elternhaus

Falls sie nur zu einem kurzen Besuch in ihrem Elternhaus war, gibt es gewöhnlich keine Komplikationen, wohl wenn die lange Abwesenheit vom Gatten als eine Art Scheidung angesehen wird.

Inf. Yaw (fn 2001,11b): If your wife dies in her father's house, the husband or son takes a nakogla-bangle (bikonischer, schwerer Fußgelenksreif) with tobacco, cola-nuts and drinks for a libation and sends it to the in-laws' house. They may keep the bangle for good. Thereafter the funeral can be performed in the husband's compound. This procedure is still carried out today.


2. KUUB DARIKA (announcement, Benachrichtigungen)

Beratung

1986,12a: Dan Examensarbeit: Versammlung im kusung: Who should announce the funeral?

bei Tod eines Erwachsenen bleiben Verwandte und Brüder 3 Tage lang im kusung


Formulierung der Trauerbotschaft

2003 Di (Yisobsa): “Fi liewa bo doku po” Your daughter is in the room (is dead).


kobisa (nahe patrilineare Verwandte) und andere frühe Informierungen

2003, Di (Yisobsa) Yaw: Als erstes müssen die beiden kobisa-elders (aus verwandten Gehöften) benachrichtigt werden. Diese kobisa geben die Nachricht an ihre Hausbewohner u.a. kobisa (i.w.S.) weiter; dann Nachricht an Verwandtschaft von Dianas Mutter, Nachbarn und andere Verwandte

1994,91a*: Dan: Informierungen nach Maamis Tod: ko-bisa: Anyiam Yeri, Abakiak, Ayoali Yoma, Akasilik Yeri, alle Ayari-bisa; sie verbreiten die Nachricht weiter an andere Gehöfte;


Informierung des Elternhauses einer verheirateten Frau durch ihren sanyigmo (Heiratsvermittler)

1981,47b: Ayomo als sanyigmo musste Tod Atanlas (Abapik Yeri, Badomsa) in Sandema-Abilyeri, dem Elternhaus der Toten, mit 1 Huhn und einer Hacke anzeigen (Ayomos Mutter aus Abilyeri)

1986,12a: Dan Examensarbeit: vor Bestattung einer Ehefrau Frage an das Elternhaus, ob sie Tochter noch einmal sehen wollen

1994,91a*: Maamis Tod: Vertreter der ko-bisa kamen zum Trauerhaus und informierten Maamis sanyigmo (intermediary); dieser informierte chief’s house (in seiner Eigenschaft als Maami’s Elternhaus)

 


Benachrichtigung Erdherr (teng nyono)

2001,26a Farinsa: Erdherr muss nur die Erlaubnis zur Bestattung von Hexen geben

2001,26b: Wabilinsa: nur nähere Nachbarn (F.K.: Verwandte?) melden dem Erdherrn einen Todesfall

2002,18a: Mutuensa: Erdherr muss nur benachrichtigt werden, falls Toter durch tanggbain getötet wurde


Fehlende darika

1994,17b: Dan: Akanming wurde ohne announcement wie ein Kleinkind ohne nachfolgende Geschwister begraben, weil er das Begräbnis seines Vaters ohne announcement durchgeführt hat; auch seine Kinder werden ohne kuub darika begraben; 2007, Dan: Akanmings announcement hat noch nicht stattgefunden

2006,1b: Nach Agbieras Tod keine darika; trotzdem wird ihre Matte im dalong aufbewahrt (nicht aufgehängt?)


3. BEHANDLUNG DES/DER TOTEN

Mattenaustausch

nach der darika (announcement) kommen bei einer Ehefrau Leute aus ihrem Elternhaus mit einer Kalebasse und einer neuen Matte, die gegen die Totenmatte (mit piisim) ausgetauscht oder um diese gewickelt wird;

2003,34a: Diana (Yisobsa): die Tote liegt auf einer vorher schon gebrauchten Matte im dalong, ihr Körper ist mit einem Tuch bedeckt (Foto); vor der tapili yika wurde Matte Dianas ausgetauscht; alte Matte befindet sich noch im Haus, wird später vernichtet (evtl. in Fluss geworfen); zusammen mit dem chari kaufte man ganz neue Matte

2006,1b: Info Yaw: nach Agbieras Tod kamen Leute aus ihrem Elternhaus (Bachinsa) mit einer neuen Matte, die gegen die alte ausgetauscht werden sollte; man trieb sie fort, da Tod noch nicht verkündet war (darika)


Totengräber

2003,Di (Yisobsa) Der kpagi (z.B. elder von 3-4 Gehöften) sucht Totengräber aus

sie sollten nicht aus dem eigenen Gehöft sein; Totengräber haben verschiedene Qualifikationen, d.h. einige dürfen nur graben, andere dürfen graben und beerdigen; Leiter der Totengräber: Agyenta (gräbt selbst nicht). Einige (alle?) Totengräber gehen in den dalong, räuspern sich und klopfen einige Male mit der flachen Hand auf den Fußboden (eigentlich für eine Frau 4x), bevor sie den Körper berühren. Die Totengräber haben verschiedene Qualifikationen: drei: dig and bury; zwei: only dig; einer darf graben und jüngere Männer bestatten (aber nicht Ältere oder schwierige Sonderfälle).


Entkleidung des/der Toten

2003 Di (Yisobsa): Totengräber entkleiden die Tote und man legte ihr eine dunkle (lila), einfarbige geflochtene Grashüftschnur an (lag vorher in einer Kalebasse); “Tuchkleidung” in Form eines Webstreifens (garuk pali, 'neues Gewand') wird erst kurz vor der Grablegung angelegt.


Nackenstütze

2003,Di (Yisobsa): Ein Totengräber schneidet aus einem Ast ein zylinderförmiges Stück und legt es unter Dianas Kopf (kpagluk); dieses kann auch nach der noai boka geschehen.

2006,36b: Beerdigung in Longsa: zu-kpaglik vor Bestattung von einem Totengräber geschnitzt;


Kopfschur

1986,12a: Dan Examensarbeit: dem Toten oder der Toten wird der Kopf geschoren


Tote abgewaschen

1986,12a: Dan Examensarbeit

M37a: Leichnam früher nur gesäubert, heute meistens gebadet (nicht traditionell)


Massieren des Leichnams

2003 Di (Yisobsa): Totengräber massieren ihre Glieder, damit keine Totenstarre eintritt (sonst kann der Leichnam nicht in das enge Grab geschafft werden); Wiederholung etwa alle 10 Minuten


Suurika

2003 Di (Yisobsa): Zeitpunkt beliebig, aber nach Anlegen der Hüftschnur; Dianas Bruder Yaw wird in den dalong gerufen und muss eine Kalebasse mit Hirsewasser neben der Leiche trinken; die älteste Frau des Gehöfts spricht dazu (Dies ist der Begrüßungstrunk für Diana nach ihrer Rückkehr aus dem Süden)


Bestätigung des Todes

2003 Di (Yisobsa): Totengräber gehen zu den elders im kusung und sagen: “Ku sum kaasi kama” (It is really spoilt, d.h. she is dead).


4. NOAI BOKA (< noai bobika) Mattenordal

In dem Mattenordal wird die Todesursache ermittelt. Der Leiter der Veranstaltung stellt Fragen an die Totenmatte (früher auch mit Leichnam), die von zwei Totengräbern gehalten wird. Ein Voranschreiten der Matte bedeutet “Ja”, ein Zurückschreiten “Nein”. Die Matte kann auch selbständig auf den Schuldigen zugehen.


2003, Di.: Vor Aufhängen der Matte hätte noai boka durchgeführt werden können. In der Beratung wird festgestellt, dass auch für vor Diana verstorbene Frauen keine noai boka durchgeführt wurde; daher fällt sie aus.

1973,44a+b: Achaw: noai boka: ältester Sohn und 2 Männer mit Matte: alle nackend; Fragen an Matte; sie läuft z.B. zum Haus des Mörders und stößt Mörder nieder; wurde früher auch getötet, wenn nicht andere eingriffen; letzte Frage an die Matte: War es ein natürlicher Tod?

79,51a: Tod einer Frau in Badomsa: Leander als elder der Ayaribisa fordert am Eingang des Gehöfts die Matte (mit schmutziger Kleidung im Inneren) auf herauszukommen (sie kommt). Er stellte folgende Fragen: 1. Falls Abonwari nicht das richtige Oberhaupt der Ayaribisa ist oder er noch lebt und so den Tod verschuldet hat, so bewege dich (Matte geht rückwärts: nein, es ist nicht der Grund)

2. Falls Ak, der yeri nyono von An. Yeri, den Tod verschuldet hat, so soll sich Matte vorwärts bewegen (Matte geht rückwärts)

3. Leander nimmt einen Stein, spuckte darauf und stellte in Gedanken (gemurmelt?) folgende Frage: Wenn Ag. und Ak. Grund des Todes sind, so soll Matte dem Stein folgen, den er fortwirft (Matte folgt dem Stein). Leander sagt laut, was er gedacht hat.

4. Ak (steht neben Leander) spuckte auf einen Stein und dachte: “Bin ich der Schuldige?” Matte kommt nach vorn. Er veröffentlicht nicht, was er gedacht hatte.


1984, 6a: Info Tenni: nach dem Tode Leanders musste sein Brudersohn noai boka leiten; er war als Krankenpfleger der traditionellen Kultur stark entfremdet; neben ihm stand der alte Akanming und flüsterte ihm jede Frage vorher zu

1986, 12a: Dans Examensarbeit: noai boka nach Kopfschur und Waschung des Toten

1994,80b*: Dan: auf noai boka können lange Beraturngen im kusung folgen

2001,36b: Yaw: Name neben noai boka auch noai chiika (‘vomiting of the mouth’). If they cannot find the guilty person, the landlord takes the stone in his left hand and mentions one name in a low voice (he does not want to annoy that person in public). He throws that stone in the direction of the mat: if the mat comes forward: yes (guilty). He does not mention that name in public, but goes to a soothsayer. If this confirms the result, he calls all the ko-bisa and the guilty person. If he admits his guilt he must do the necessary recompensation (sacrifices; swearing not to repeat such an act...). If he denies his deed, they fetch earth from the dead man’s grave [schon beerdigt??] The earth is mixed with water and the ritual of drinking this (vorub tengka nyuka or boosuk tengka nyuka) is performed. If the accused person is guilty, he will die; if not the yeri nyono will die (within a year’s time).

2005,Feldb.190: Anamogsi: Wenn Toter außerhalb seines compounds starb, muss noai boka vor dem Gehöft sein; wenn er im compound starb, kann es auch im ma-dok (Innenhof der 1. Frau) sein.

Mg34: wenn noai boka nicht alle Gründe gefunden hat, kann später die Grabschale zerbrechen oder es bilden sich Sprünge


2005, Amanchinaab Yeri (ngarika): Zwei Totengräber tragen die Matte. Vor ihnen stellt Amanchinaab Fragen, die den Todesgrund herausfinden sollen. Hier nur weniger Fragen. Kein Mensch ist an dem Tod schuld. Matte von den zwei Totengräbern in den Innenhof gebracht und wieder im dalong aufbewahrt.


Sonderfall: Tod im Busch

Mg23a: Gbedema: Tod im “Busch”: Tote auf Stöcken (“Bahre”) gelegt; Erde von dem Weg, der zum Busch führt, in ein Tuch des Toten gewickelt und so die “noai boka” ausgeführt;

Mg28a: Gbedema: noai boka vor der Bestattung am Hauseingang und noch einmal in der letzten Totenfeier ausgeführt; Mg34a: auch wenn der Tod in Südghana eintritt: noai boka immer im Bulsaland


Sonderfall: Tote durch Mauer getragen Va nanggaang jo oder parik jo

Mg28a:: nach noai boka wird Leiche durch die geöffnete nangaang-Wand (Einschnitt von oben bis unten) ins Haus getragen; Wand bald wieder repariert

1997, 13a: Anamogsi: Leiche durch Mauer im hinteren Teil des Gehöfts, wenn verheiratete Frau ohne Kind gestorben ist

 


5. KPIAK GEBIKA

2003 (Namen aus Gründen des Datenschutzes ausgelassen oder anonymisiert) Hühnchen Ritual: Ein elder erklärt, dass vor der Grablegung alle Probleme gelöst sein müssen; ein sehr kleines Küken soll Schuld von dem nehmen, der Mitschuld am Tode der Toten hatte, vorher mit ihr einen Streit hatte oder ihr geflucht hatte. Die Mutter der Toten wird zum kusung geholt und berichtet dort in einer langen Rede, dass ihr Sohn mit seiner Schwester einen Streit hatte. Das Ritual findet im dalong statt. Der Bruder hielt das lebende Hühnchen in einer Hand und berührte damit die Hand der Toten; er hatte dabei die Augen zu (würde sonst sterben); jemand schneidet den Hals des Hühnchens durch und nennt dabei den Buli Namen des Schuldigen und der Toten.


2005 AmanchinaabYeri kpiak gebika

Der dalong wird mit einer tiak-Matte verschlossen; im Inneren nur die Totengräber Atongka und Ayogsi mit einem Huhn (und F.K.). Amanchinaab, dem jemand die Augen zuhält greift von außen mit einer Hand an der Matte vorbei ins Innere des dalong, wo er einen Teil des Huhns ergreift und es mit Atongka am anderen Ende straff zieht. Das Huhn wird mit einem Haumesser in der Mitte geteilt. Hierdurch sollen alle Flüche und Streit mit dem Toten hinweggenommen werden.


6. WEHKLAGEN (kum v. 'to cry', kumsa n., 'mourners'; engl. meistens “mourning” or “sympathising”)

Das Wehklagen (Buli kum, 'to cry'; oft mit dem ungenaueren Wort “mourning” bezeichnet, besteht aus einem lauten Klagen und Schluchzen, bei dem stets Tränen fließen; nach Mg werden hierbei (in Gbedema) die Worte “Waasoi” oder “Yaasoi” ausgestoßen


frühester Zeitpunkt des Wehklagens

1988, 220b:Tod in Achumbe Yeri; Dan: Wehklagen erst nach Beerdigung (so angeblich in ganz Wiaga)

1994,21 Atinang Yeri: nach Beerdigung der Verstorbenen

2003 Di (Yisobsa): Wehklagen ist erst erlaubt, wenn Totengräber mit dem Ausschachten des Grabes begonnen haben; Fremde sollten erst nach der Grablegung laut klagen

Dan 1994: vor announcement ist Wehklagen verboten

2005, Amanchinaab Yeri (ngarika): Nach noai boka darf getrauert werden.


Beschreibungen (Wehklagen)

1973, Anyesigari Yeri (Bachinsa); Tochter des Toten trauert vor der Matte (und für die Kamera) Foto

1994,91a*: Dan: es wird bei ku-yogsik, kuub kumsa und kuub juka laut getrauert, am meisten aber beim fresh funeral; all sympathizers (Verwandte, in-laws, Bekannte) mourn; wenn “announcement” ausgesetzt wird, und eine weitere Person stirbt, darf auch diese nicht betrauert werden

2003 Di (Yisobsa): Es treffen laufend Trauergruppen ein; trauernde Männer haben einen männlichen Begleiter (chogsoroa oder yigdoa), Frauen wenigstens zwei weibliche Begleiterinnen, die sie stützen; Klagen beginnen kurz vor dem pielim (dem freien Platz vor dem Gehöft). Frauen gehen sofort zur Toten bis vor dem dalong im Innenhof und klagen dort; Männer gehen nur bis zum Viehhof und dann zum tampoi. Nach dem Trauern geben Hausbewohner den Trauernden Wasser, damit sie sich das Gesicht waschen können; danach dürfen sie wieder lachen usw.

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Nach noai boka kommen einzelne Gruppen (sehr oft Frauen) zur Matte und wehklagen. Eine Trauernde wird von zwei anderen Frauen gestützt. Nach dem Trauerritual wäscht sich die/der Trauernde in einer Ecke des Innenhofes das Gesicht mit klarem Wasser. Da wohl alle Trauernden den vor langer Zeit Verstorbenen nicht gekannt haben, können einige während der Trauer nicht ganz ernst bleiben.

2006, 1a: Trauerbesuch (sympathising) eines Fremden; man erwartet kein lautes Wehklagen mit Tränen; 9.1.06: Trauerbesuch F. Krögers nach seiner Ankunft für die verstorbene Agbiera und ihren Sohn Akanpaabadai; Ort: für Männer (Akanpaabada) im kusung, für Frauen (Agbiera) in ihrem Innenhof; kusung: 6 Männer anwesend, Rede, Libation mit Akpeteshi, danach im Innenhof Agbieras (ohne Libation)

Inf. Yaw: Trauern erst gestattet, wenn Totengräber mit ihrer Arbeit begonnen haben; für Fremde: noch später; Frauen werden von mindestens 2 Frauen begleitet   (mitunter 3 oder 4); Männer werden nur von einem 'supporter' (chogsoroa oder yigdoa) begleitet; seine linke Hand hält die linke Schulter des Trauernden, seine rechte Hand den rechten Arm des Trauernden; zwei Brüder können zusammen trauern; Frauen gehen direkt zum/zur Toten bis vor den dalong. Männer gehen nur bis in den Viehhof und dann zum tampoi. Dies kann mehrere Male geschehen. Für das Trauern gibt es kein Zeitlimit. Auch nach vielen Jahren kann noch getrauert werden. Auch Freunde (classmates) können kommen und trauern, aber gewöhnlich erst nach der Bestattung. Wenn sie die Leiche sehen, müssen sie sterben. Nach Abiisis Tod sagte eine Freundin, dass sie mit ihm sterben wolle. Es wurde sofort eine piirika (undoing) ausgeführt. Sie musst in etwa sagen: "Mi le biis dila (what I said), dila le nna (it is this), ate n pursi basi (I spit it out). Danach wurde sie mit Asche vom Herd oder tampoi eingerieben, damit Toter sie nicht erkennt.

Sympathising: Diese Form der Anteilnahme wird von einem Fremden (z.B. einem Europäer) erwartet. Beispiel: Sympathising des Autors in Anyenangdu Yeri nach dem Tod männlicher und weiblicher Gehöftbewohner. Es sollte möglichst früh nach der Ankunft in mein Wohngehöft erfolgen. Die Männer des Gehöfts (soweit anwesend) versammeln sich im kusung. Nach der offiziellen Begrüßung (ich hatte alle Anwesenden schon einige Tage vorher einzeln begrüßt) mit Handgeben hält ein Sohn des Gehöftherrn eine Rede. Dann  muss ich eine Rede halten. Danach überreiche ich eine Flasche Akpeteshi, von der ich zuerst trinken muss. Danach eine Libation auf den Boden. Das sympathising bei den Frauen findet im Innenhof des dalong statt. Nach kurzen Reden überreiche ich die zweite Flasche (ohne Libation). Die beiden Flaschen durften nicht zusammen geholt werden und durften auch nicht zusammen beim gleichen Verkäufer bezahlt werden.


7. AUSSCHACHTEN DES GRABS (mit einigen Ritualen)

Vorbereitungen und benötigte Werkzeuge

2003 Di (Yisobsa): Werkzeugbeschaffung: 2 Beilklingen, 2 Kalebassenschalen (chin-bili um Erde auszuschaufeln, und chin-kpieng, als Maßstab für das Loch); 1 Hacke; aus einem Ast des Nim-Baumes fertigt man geraden Stiel für Beilklinge an; es entsteht dachoruk (Spaten); Danach gehen Totengräber zum Not-kusung und sagen: “Ti gomsi nueri kama” (Wir sind mit den Vorbereitungen [zum Grabschaufeln] fertig) Asiidem, der ‘senior elder’ und Hauptverantwortliche für die rituelle Durchführung, informiert die anderen Hausbewohner, dass mit dem Schaufeln des Grabes begonnen wird. Die Totengräber ziehen zum Grab

Info Ansoateng (Totengräber) 1994,4: benötigt werden: 1 liak (Axt), 1 kunkuri (Hacke, ngiri-Typ), 1 dachoruk (Grabstock); für liak und dachoruk nur eine Klinge


Zeitpunkt

1984,14a: Dan: Beginn des Grabschaufelns nach Dunkelwerden; Beerdigung bei Sonnenaufgang

2006,36b: Beerdigung in Longsa; man wartet mit Beisetzung bis zur Dunkelheit, weil vielleicht auch noch andere Kinder des Toten kommen.


Persönliche Vorbereitungen der Totengräber

Info Ansoateng (Totengräber) 1994,4: Vorbereitung im eigenen Gehöft: Baden bzw. Einreiben des Körpers mit vayaam-Medizin: gegen piisim (gefährlicher Geruch des Toten, der zu Erbrechen u.a. führen kann);

vayaam: vier Arten: 1. (stärkste): aus Wurzeln des kpaluk Baumes, die aus einer Krokodilhöhle am Fluss geholt werden müssen, 2. aus sich kreuzenden Wurzeln des yik-Baumes (sehr seltener Baum), 3. aus Wurzeln eines gaab-Baumes, der nie Früchte trägt, 4. aus Wurzeln des waaung-duob-pok Baumes; – Frauen, die den Toten berühren müssen, baden mit einer Mischung aus Eselskot und ngmanjek-Gras.


Ort und Lage des Grabs (vorub)

1973,46: Achaw: Männer im Viehhof begraben, Ehefrauen am Weg zu ihrem Elternhaus

1973,98b Leander: ein Zwilling wird entfernt vom Gehöft an geheimen Platz beerdigt, Grab eingeebnet; zweiter Zwilling von gleichen Totengräbern bestattet

1978,26a: Leander: Grab des Hausgründers und seiner ersten Frau (“falls sie sich immer gut benommen hat”) gewöhnlich im Innenhof; die anderen Frauen und Söhne des Gründers im Viehhof; eingeheiratete Frauen auch am Fußpfad zu ihrem Elternhaus

Mg46b: kleiner Junge wird an äußeren Gehöftseite begraben;

Mg52b: Bestattung von Erwachsenen im Viehhof oder dabiak

1981,52a*: Leander: Asage (älterster Mann von Badomsa) im Innenhof seiner Mutter bestattet

1986,28a: Asugbe: Kleinkind im Viehhof begraben (andere Gehöfte begraben es außerhalb des Gehöftes), Stein darauf; Akanming und seine Frauen werden im Innenhof begraben; seine Söhne in Akanming Guuk (nahe der Straße), wo A. früher gewohnt hat

2001,61a*+ 63a*: Dan: nur schwangere Frauen und kikita werden nicht im oder beim Gehöft bestattet; Schwangere auf guuk, kikita im Ameisenhügel (gusunguri) bestattet

2002,16a: Anamogsi: Schwangere werden nach Entfernen des Fötus in einem guuk begraben. Es ist nicht unbedingt in einem zerfallenen ehemaligen Gehöft, aber immer außerhalb des Wohngehöftes. Sie erhält ein ganz normales funeral. 

2003 Diana (Yisobsa) Lage des Grabs: Diana gilt als unverheiratet. Man fragt ihre Mutter, ob sie vor Diana schon einmal eine “Fehlgeburt” hatte (Nein!). Darum wird sie am Fußpfad zum Elternhaus ihrer Mutter (Anyenangdu Yeri) begraben (Bei einer positiven Antwort der Mutter: im Viehhof)

2006,4b: Info Dan: seine Schwester starb kum biok (bösen Tod) mit geschwollenem Bauch (nying fuusika); wurde in traditionellen Gehöft bei den anderen Frauen, aber etwas abseits, begraben

 

Stein-Ritual

2006,1b: Info Yaw: 3 Totengräber legen umgestülpte Kalebasse an der ausgesuchten Stelle und werfen, ohne ein Wort zu sagen, beliebigen kleinen Stein dagegen; hierdurch haben sie die Erlaubnis, dort zu graben (Ritual wurde bei Di nicht ausgeführt; daher war auch die verfehlte Wahl eines felsigen Untergrunds möglich)

2005 Amanchinaab Yeri: vor Beginn des Grabens wird umgestülpte Kalebasse 3x mit kleinem Stein beworfen

 

Überdachung der Grabestätte (vorib noai kusung)

1994,80b*: Dan: nur wenn es regnet oder sehr heiß ist

2002,50a*: Yaw: Dach über Grabarbeiten bei jedem Wetter; soll Totengräber abschirmen

2003 Di (Yisobsa): Um 13.30 wird aus Hirsehalmen ein kegelförmiges Schattendach für die zu dieser Zeit fünf Totengräber gebaut

1994,21: Atinang Yeri (Badomsa): temporäres Regendach im Viehhof

 

Mattenabschirmung

1973,46: Achaw: Matte um Grabloch; Verwandte dürfen innerhalb der Abschirmung sein, wollen es aber meistens nicht;

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Die Grabstelle und mit ihnen die Totengräber werden durch die Totenmatten von den Blicken der Besucher abgeschirmt (Autor F.K. im Inneren der Abschirmung).

 

Graben des Schachtes

2003 Di (Yisobsa) Schaufeln des Grabes: Entfernen von Pflanzen; Boden mit dachoruk, aber auch mit loser Axtklinge bearbeitet (Foto). Das Grabloch ist zunächst nur sehr klein, kalebassengroß. Die Größe des Loches an der Oberfläche wird durch probeweises Aufsetzen der Grabschale kontrolliert; bevor man die Schale aufsetzt, kreist (yülimka) sie einige Male über dem Loch (Fotos D1: 34-35). Nach 20 cm stößt man auf harten Fels; man schüttet das Grab wieder zu beginnt an einer anderen Stelle, wo kein Fels ansteht und die Arbeit zügig vonstatten geht; als Erklärung für dieses Problem sagt man, dass Diana den ersten Grabplatz nicht gewünscht hat;

 

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Der Boden an der vorgesehenen Grabstelle wird gereinigt

mit dem Grabspaten (dachoruk) wird ein Kreis gezogen. Der Schacht wird mit einem Hackenblatt, der Kalebassenschale und den Händen ausgeschaufelt

 

Fackeln:

2003 Di (Yisobsa): Die letzten Grabarbeiten im Dunkeln werden mit Hilfe einer Hirsefackel (brennender Hirsehalm) ausgeführt; auch mit Taschenlampen, aber man erklärt, dass die Hirsefackeln die traditionelle Art sei;

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Als Beleuchtung dienen Strohfackeln, die jeweils aus einem einzigen Halm bestehen (aber auch Taschenlampen eingesetzt)

 

Kpaamka (warning)

Nach Beendigung des Ausschachtens wird über den Schacht eine Kalebasse gesetzt; Verbot für alle (auch Totengräber) das Grab wieder (vor der Grablegung) zu betreten.

Info Ansoateng (Totengräber) 1994,4: Erde anfangs mit Händen entfernt, später mit Kalebasse; nach 60-70 cm Erweiterung des Schachts mit liak; nach weiteren 30 cm größte Erweiterung;

 

Schachttiefe und Form des Grabs

1973,46: Achaw: 6 ft; wenn Boden hart: nur 3 ft;

2003, Di (Yisobsa): Die obere Öffnung des fertigen Grabes ist so groß, dass der chari (boosuk) gerade darüber passt; der Schacht ist höchstens 1 m tief; Gräber für alte Männer sind viel tiefer und geräumiger; nach innen wird das Grab nach allen Seiten hin größer, d.h. dass es im horizontalen Schnitt immer kreisförmig ist; Grundfläche knapp 1 m Durchmesser.

 

Tabus

2003 Di (Yisobsa) Beim Graben darf kein Name eines bei dem Gehöft Anwesenden genannt werden, dieser würde sonst sterben

 

Vorub kpiak

Übergabe eines Huhns und anderer Geschenke an die Totengräber; Huhn am Grab getötet

 

2003 Di (Yisobsa) Ritual wird vollzogen, wenn Arbeit am Grab fast vollendet (Foto); über das Grabloch legt man den dachoruk, und schlägt ein braunes Huhn an dessen Griff tot; das Huhn ist ein notwendiges, offizielles Geschenk an die Totengräber, die es später essen; hinzu kommt Hirsewasser, das sofort getrunken wird, und (ebenfalls obligatorisch) eine Kalebassenschale Erdnüsse (freiwillig: Akpeteshi, von dem vor dem Trinken eine Libation auf den Boden vollzogen wird, Pito und Tabak). In einigen Fällen muss auch eine Ziege gegeben werden.

 

1986,12a: Dans Examensarbeit: Totengräber bekommen Huhn und Ziege für ihre Dienste

 

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Für die Totengräber werden 1 Huhn, 3 Schalen Hirsewasser (1 davon für kusung-Leute), 1 Flasche Akpeteshi, 1 Kalebasse Erdnüsse (eine Handvoll davon für kusung) und eine Tüte Tabak ans Grab gestellt, dann zum kusung und dann wieder ans Grab; Totengräber Atongka bewegt Huhn dreimal über den Schaft, schlägt es gegen dachoruk und tritt darauf; Huhn darf nicht aufflattern;

Atongka gießt etwas Hirsewasser neben das Grab (kaabka = Opfer) und legt 3 Erdnüsse und etwas Tabak neben das Grab; nach Einlegen des Gewandes in das Grab wird eine Ziege beim Grab getötet

1994,4 Info Ansoateng (Totengräber): Bezahlung für Totengräber: 1 Huhn (oder mehrere), Tabak, Erdnüsse, falls möglich: eine Ziege; für verstorbenen yeri-nyono (Gehöftherrn): 1 Schaf;

heute auch Akpeteshi; Totengräber erhalten bei den Totenfeiern nichts (F.K.: ?)

 

Inspizierung des Grabs

1973,46: Achaw: ältester Sohn prüft

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Begutachtung des Grabs durch den Yeri Nyono Amanchinaab; auch durch seine beiden Söhne; erneute Begutachtung durch Amanchinaab, nachdem die Lehmfigur (s.u.: ngarika) im smock in das Grab gelegt wurde

 

8. BESTATTUNG DES/DER TOTEN

Kleidung des/der Toten und Beigaben

Mg27b: Männer: Dreieckshose (kurukoluk), garu-geli (kurzer smock), Mütze (zutok); alles in weiß; keine Schuhe; Frauen: M. sah alte Frau mit lila vaata (Faserschurz) vorn und hinten; weißes Tuch über Körper gewickelt; in neuerer Zeit: 2 rechteckige weiße Tücher aus Webstreifen, 1 für Oberkörper, 1 für Unterleib; keine Schuhe

1981,52a*: Leander: Asage (Badomsa) im Grab: Dreieckshose, taguri, 2 Hackenblätter für die Ohren

1986,12a: Dans Examensarbeit: Toter mit Lendentuch golung oder nackt begraben (nach Wunsch des ältesten Sohnes), Frauen nur Hüftschnur und Blätter [bzw. Faserschurz]

1994,20b: Dan: Leander wurde im golung, blau-weißem smock (garuk) und Mütze, aber ohne Sandalen begraben; alle charms und Schmuck abgenommen

2002,16b: Anamogsi: Grabbeigaben für alte Leute: 2 Hackenblätter für die Ohren, damit kein Sand eindringen kann. Anamogsi weiß nicht, ob der Tote die Hackenblätter im Totenreich für Farmarbeiten gebrauchen kann ("Es ist noch keiner zurückgekommen").

 

Transport und Beisetzung (guuka)

1973,46: Achaw: Toter in Matte zum Grab getragen;

1981,31b: Leander: Toter in Matte zum Grab getragen; voran geht jemand mit dem boosuk; darin befindet sich feuchte Erde

2003 Di (Yisobsa): Die Tote wird in der Matte von Totengräbern vom dalong zum Grab getragen (Foto). Agbong steigt in das Grab und legt sich in der Stellung der Toten hinein (ob es passt); vor dem Einlegen der Toten in das Grab verlassen alle (außer Totengräber) die Grabstelle.

2005 Am. (ngarika): Nach dem kpiak gebika Ritual wird Totenmatte wird wieder zusammengerollt und aus dem dalong getragen ; noch feuchte Lehmfigur wird in smock (garuk) eingewickelt und ins Grab gelegt. Das Gewand muss vorher ausgebreitet werden und sorgfältig zusammengefaltet werden, da sich leicht eine fremde Seele darin verstecken kann

1994,21 Atinang Yeri (Badomsa): Totengräber tragen die Matte mit der Toten aus dem dalong zum Grab; Hilfe durch junge männliche Besucher aus dem kusung;

1994,4 Info Ansoateng (Totengräber): Wenn Tote aus dem Haus gebracht wird, trägt jemand einen liik-Topf voll Wasser, der mit einer Kalebasse bedeckt ist

 

Lage und Ausrichtung des Toten

1973,46: Achaw: mit Füßen zuerst ins Grab (ein Totengräber unten?); Tote liegt auf einer Seite; Arme voreinander, Mann: Gesicht zum Sonnenaufgang; Frau: Gesicht zum Sonnenuntergang;

1988, 99-100: Totengräber Ansoateng: toter Mann: Kopf nach Süden, Gesicht nach Osten; Frau: Kopf nach Norden, Gesicht nach Westen

2003 Di (Yisobsa): Hockstellung, Gesicht nach Westen; beide Hände liegen auf den Ohren, damit kein Sand in die Ohren eindringt (bei alten Männern nimmt man hierfür mitunter zwei Hackenblätter);

 

Sonderfall: Bestatung einer Toten mit geschwollenem Bauch

Inf. Dan: Arme, Beine und Bauch der Toten waren geschwollen; Buli: nying fuusika, ist kum-biok (böser Tod); man glaubt, dass ihr geschiedener Gatte dies verursacht hat. Das Grabloch musste sehr groß werden; mehr als 10 Totengräber haben sie getragen. Sie wurde außerhalb des Gehöfts bei den anderen Frauen begraben, aber etwas abseits von diesen. Bei der vayaam soka (eigentlich Bad der Totengräber mit der vayaam-Medizin) haben alle gebadet, die die Tote berührt haben. Jede(r) der Badenden gab ein Huhn und etwas Mehl an den Ersten Totengräber.

 

9. ARBEITEN AM GRAB NACH DER BEISETZUNG

Auffüllen des Grabs (guuka or siika)

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Amanchinaab wirft 3x Erde mit der Hand ins Grab

Bevor Erde von den Totengräbern in den Schacht geworfen wird, stellt der Totengräber Atongka sein Bein in das Grab, um so zu verhindern, dass Erde in die Ohren und das Gesicht des Toten gelangen; die eingeworfene Erde wird mit dem Holzende des dachoruk gepresst, damit das Grab später nicht einsinkt

 

Aufsetzen der Tonschale

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Amanchinaab bewegt die Grabschale (boosuk) 3x über das Grabloch. Nachdem über dem Grabschacht ein kleiner Erdhügel aufgeschüttet worden war, packt ein Totengräber Erde in den chari und stülpt ihn über den Erdhügel.

 

Grabschale (boosuk)

1981,10b: Leander: Grabschale kann alt oder neu sein, braun oder schwarz, darf aber keinen Sprung haben

1988,204: Dan: wenn boosuk bricht, wird piisim (smell) freigesetzt

1994,21 Atinang Yeri: eine Frau bringt Grabschale zum kusung; von einem Totengräber von hier zum Grab der Verstorbenen gebracht,

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Eine Grabschale (boosuk) in Form einer keramischen chari-Schüssel wird neben das Grab gestellt

 

Auffüllen des liik:

2003 Di (Yisobsa): Auffüllen des liik: Einige Frauen nehmen einen liik-Wassertopf und imitieren das Auffüllen dieses keramischen Gefäßes mit imaginärem Wasser (d.h. nur mit Luft) aus einer der Kalebassenschale, in der vorher Dianas Hüftschnur gelegen hat.

 

Loch in der Grabschale

M34: Loch (voain), damit Seele beim ngomsika (=juka) funeral für den Marsch zum Totenreich entweichen kann; danach Schale mit Lehm verschmiert; kein vorheriges Ein- und Ausziehen der Seele

1981,10b: Leander: chiik (Seele) ist bis zum letzten funeral in der Matte, kann aber durch das Loch in das Grab eintreten; Loch auch zum Atmen; wird am Ende der juka-Totenfeier durch die Ehefrau oder eine Tochter des Toten durch Lehmüberzug geschlossen;

12a: Der Yimonsa-chief Akadiri befahl seinen Leuten, ihn lebend ins Grab zu legen; sie redeten mit ihm durch das boosuk-Loch (noch heute)

2003Di (Yisobsa). Die Tonschüssel hat ein kleines Loch (voain), das bei Frauen nach Osten [??], bei Männern nach Westen weist. Für Di wurde es erst am Grab von Agbong 'gebohrt' (vurika = piercing)

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Ein Loch wird in die Schale gebohrt, damit die Seele des Toten hierdurch ein- und ausgehen kann. Das Loch muss (für Männer) nach Osten weisen.

 

Lehmbezug

1973,46b: Achaw: Lehm mit Wasser angerührt

Mg30a: Tonschalen nur im Innenhof mit Lehm verschmiert; draußen blanke Tonschale; im Innenhof schlafen Personen direkt neben den Tonschalen (vor einem Friedhof haben sie Angst)

1973-2008: Beobachtungen F.K.: Grabschalen in Innenhöfen werden ständig von Frauen neu verputzt (heute meistens mit Zement), Grabschalen außerhalb der Gehöfte nicht

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): In dem Loch der Grabschale befindet sich der Splitter eines Hirsehalmes (ngmeeni) damit keine Erde eindringt; Atongka sprenkelt Wasser über die Grabschale und verputzt sie dann mit Lehm. In den Putz zeichnet Akannyeanyin und - rechtwinklig dazu - Ayogsi mit den Fingern der linken Hand ein Kreuz; neben das verputzte Grab legt man die Kalebasse, die man für das Besprenkeln benutzt hat und den Stiel des dachoruk (Die Eisenteile werden zur späteren rituellen Reinigung in den kusung gebracht; anschließend Händewaschen

1994,4 Inf. Ansoateng (Totengräber): Wenn Tote aus dem Haus gebracht wird, trägt jemand einen liik-Topf voll Wasser, der mit einer Kalebasse bedeckt ist; Wasser und Kalebasse werden zum Anmischen der Erde benutzt, mit der der Grabdeckel veputzt wird

 

Einrollen der Matte

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Die Abschirmmatte (Totenmatte) wird eingerollt, das blaue cover-cloth herum gelegt und mit dem spitzen Ende nach unten im dabiak aufgestellt. Erst jetzt kann die Matte tapili genannt werden.

 

Fleischverteilung

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Verteilung des Ziegenfleisches

 

Sonderformen von Gräbern

1978b: Leander: Gräber in Guuta werden meistens mit Lesesteinen [außerhalb des Gehöfts] abgedeckt; Grabschale nicht mehr sichtbar

1988, 12a: Beobachtung: in Ajuik Yeri (Bachinsa): Grab im Innenhof mit einem in den Putz eingebauten Tontopf (Dan: vielleicht ohne Toten)

 

 

10. DAS GRAB NACH DER BEISETZUNG

1973: Nach der Beerdigung in Anyesigari Yeri (Bachinsa) liegen im Viehhof beim Grab des Toten ein liik (in dem Wasser für das Anmischen der Erde für den Verputz der Schale transportiert wurde), eine Kalebasse, ein dachoruk-Holzgriff, ein Hackengriff

1994,4 Info Ansoateng (Totengräber): Erde wird mit Wasser in einer Kalebasse angemischt. Hiermit wird der Grabdeckel veputzt. Die Kalebasse und der liik (Wassertopf) bleiben mit den beiden Holzgriffen beim Grab liegen, bis die Matte aufgehängt ist (tapili yika), dann werden Kalebasse und liik in den Raum des Toten gebracht; der liik-Topf wird bei der Totenfeier zum Wasserholen und zur Nahrungszubereitung benutzt; beide Teile werden nach dem funeral der jom-Frau (die Wasser für Witwenbad zubereitet) geschenkt.

1981,39a: In Awaanka Yeri (Yongsa) Frau hinter dem Haus bestattet; Lehm noch über Grabschale; daneben: liik, mit dem Wasser transportiert wurde, Grabstock und Hackengriffe ohne Klingen; wenn man Grab sehen will, muss man Geld auf Grabhügel legen

2003Di (Yisobsa) Zeit bis zum Aufhängen der Matte und nyiinika: am Grab, das mit Dornen bedeckt ist, liegen: das liik-Gefäß, die Schaufelkalebasse, die Kalebasse, mit der der liik scheinbar gefüllt wurde, der gerade Griff des dachoruk und der Hackengriff. Die beiden Kalebassen legt man nach dem “Aufhängen” auf das Dach des kusung; sie werden beim juka-funeral rituell zerbrochen, falls noch vorhanden.

Inf. Dan: Nach der Bestattung gibt es jianta-Gegenbesuche (Frage nach ihrer Müdigkeit, d.h. ob sie gut angekommen sind) Seine VaBrFr war in Badomsa begraben worden. Als die Gäste aus ihrer Geburtssektion (Kubelinsa) wieder abzogen, nahmen sie ihre Seele mit. Sie kommt erst wieder nach Badomsa zurück, wenn jianta-Besuch abgestattet wurde.

 

11. TAPILI YIKA (Aufhängen der Matte)

Ort und Zeit

1979,51a: Leander: Matte eines männlichen Toten nach 3 Tagen, einer weiblichen Toten nach 4 Tagen aufgehängt, vorher müssen alle Probleme geklärt sein 52a: falls bei dem leitenden elder eine ungesühnte Schuld vorliegt, kann für ihn Tod eintreten

1994, 80b*: Dan: bei völliger Problemlosigkeit kann Matte schon vor der Bestattung aufgehängt werden, sonst nach der Beerdigung

2002,34a: Yaw: verschiedene Matten

1981,14a: Beobachtung Abapik Yeri: Matte steht aufrecht im Innenhof; Leander: wenn nach 3 Tagen das Datum für ein nahes funeral noch nicht festliegt, wird sie aufgehängt; sonst bleibt sie bis zum funeral stehen

1981,39a: In Awaanka Yeri (Yongsa): Matte der toten Frau aufrecht im Innenhof; darauf liegt eine Webstreifengewand (wie von Männern getragen); Trauergäste

1986,12a: Dans Examensarbeit: Matte eines verheirateten Sohns nur kurze Zeit im dok der Mutter, bevor sie in den dalong kommt; Matte eines alten Mannes: einige Tage in seinem Zimmer, dann in den dalong (Ahnenraum)

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): (Mann:) drei Tage nach der Bestattung; immer nur nachmittags

2003 Di (Yisobsa): vier Tage (Frau) nach der Beerdigung

 

Teilnehmer

2003 Di (Yisobsa): elders aus dem Gehöft und der Nachbarschaft von außen (17.15 Uhr) obligatorische Anwesenheit zur Mattenaufhängung: Abasimi (durch Joe vertreten);

 

Durchführung

2003 Di (Yisobsa):

a) Beratung der älteren Männer im Viehhof;

b) Zusammenschnüren und Aufhängen der Matte: der Totengräber Agbong stellt aus bog-pieluk ungedrilltes und ungeflochtenes Bindematerial für die Matte her. Die Arbeit des Zusammenschnürens und Aufhängens wird von Agbong (vayiak) und Adiiba (Achumbe Yeri) ausgeführt. Beide haben bloßen Oberkörper

c) Die mit Dianas Tuch umwickelte Matte wird aus dem dalong (Innenhof) geholt, im dabiak aufgerollt und mit einem eingefügten Rundholz (Kopfstütze kpagluk oder dafieluk) zusammengerollt.

d) die Matte wird an 3 Stellen mit der weißen Faser straff umwickelt und eng verknotet (Foto)

e) Sie wird im dalong mit einer gedrillten miik-Schnur unter der Decke aufgehängt; man hätte gerne Nylonfaden oder Draht, weil Termiten die Faserschnüre zerstören und die Matte so herunterfallen kann (Foto)

 

Amanchinaab Yeri (ngarika):

Die Totenmatte, die in einer Ecke des Innenhofes steht, wird in die Mitte des Innenhofes gelegt, das Tuch entfernt und von zwei barbrüstigen und barfüßigen Totengräbern mit Faserschnüren umwickelt; ein Totengräber trägt die Matte in den dalong, wo sie unter der Decke befestigt wird

 

Nyiinika (Reinigung durch Räuchern; smoking)

2003 Di (Yisobsa): alle Gegenstände, die mit der Toten in Berührung waren oder rituell mit ihr zu tun hatten müssen beräuchert werden, damit Geruch (piisim) verschwindet; man hatte schon einen cheng-Topf mit Hühnerkot gefüllt (in einigen Häusern wird auch ngmanyak-Gras hinzugefügt, hier aber nicht); Ritual von Agbong am Gehöfteingang ausgeführt; vom Feuer legt er glühende Holzstücke auf den Kot > Rauchentwicklung; es werden beräuchert: 2 Beilklingen, ein Hackenblatt (kunkuri), dagunta (Rohre für Böllerschüsse), Messer mit dem dem kleinen Hühnchen die Kehle durchschnitten, die Kalebasse mit der der liik scheinbar gefüllt wurde, der liik-Topf, Dianas Kleidung; man kann auch die Hände über den Rauch halten (hier nicht geschehen);

1988m 91+98: Beobachtung: Reinigung (suuri dangta) von Anamogsis Traktor, mit dem eine Leiche transportiert worden war; Feuer unter Traktor (nyiinika), Schaf getötet; 98a: Inf. Anamogsi (Übersetzung aus dem Buli): ... they used these things to make the lorry (tractor) not spoil anything again. If they do no wash it, it will necessarily kill somebody again... These things (the tractor) resemble evil trees [which are possessed by krupaani spirits]...

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): In der Nähe des kusung werden die benutzen Objekte rituell durch Räuchern gereinigt: das cover-cloth, ein Keramiktopf, eine Kalebasse, das Hackenblatt (zum Grabschaufeln).

1994,4 Info Ansoateng (Totengräber): zur Reinigung wird ngmanyak-Gras zusammen mit Hühnerkot verbrannt; Eisenteile über Rauch gehalten;

 

Händewaschen

2003 Di (Yisobsa): nach Mattenaufhängung und nyiinika waschen sich die Totengräber die Hände

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Die Totengräber waschen sich die Hände und spülen den Mund aus

 

Böllerschüsse (naka)

2003 Di (Yisobsa): Zwei Böllerschüsse: nur für Diana, um das Ende der Mattenaufhängung und nyiinika anzuzeigen (Foto)

2005 Amanchinaab Yeri (ngarika): Böllerschüsse zeigen das Ende des Gesamtrituals an

 

Beköstigung

2003 Di (Yisobsa): abschließend werden Akteure und Gäste mit Akpeteshi (2 Flaschen) und Hirsewasser bewirtet

 

Nachfeier

1973,246a: Beobachtung: Abakisi Yeri (Sandema; der Autor vergaß zu fragen, ob die Ereignisse vor oder nach dem Aufhängen der Matte stattfanden): am Tag nach der Beerdigung Männer im kusung, Blutsverwandte der verstorbenen Frau unter 2 Schattenbäumen; Böllerschüsse aus 2 Röhren und altem Gewehr; Wiaga-Gruppe im Schrittanz unter Gesang vom Baum ins Haus (zur Totenmatte), Bewirtung der Gäste mit Speise und Pito

 

12. GAASIKA

Zeitpunkt: Die gaasika soll einige Tage nach Aufhängung der Matte stattfinden; Yaw und Akawai sind als Christen dagegen, sie fällt auch aus, weil sie für jüngst verstorbene Frauen mit einem ähnlichen Status nicht durchgeführt wurde. Später kann man darauf hinweisen, dass der Ausführende (Abasimi) gestorben ist.

2003 Di (Yisobsa): Der Tod Dianas wird als Akawais Fehlgeburt angesehen, da Diana nicht in einer Ehe mit einem Mann lebte und in dessen Haus bestattet wurde (Dianas eigene Fehlgeburt ist hier unbedeutend). Durchführung der gaasika (hypothetisch): Abasimi, der sanyigmo von Akawai (stellvertretend sein Sohn) sollte nach Apok Yeri kommen und Akawai nach Ayienyam Yeri bringen; der sanyigmo kauft dann jum-soblik (mud fish) und es wird TZ mit Sauce gekocht; Ort des Rituals: dabiak der Ama; man legt etwas TZ, Sauce und Fisch in Akawais rechte Hand und sie wirft es weg; dabei sagt sie: “Mi piilim bia-kaasung ale nna (this is my first miscarriage). Kaasung toaling jam-ya (spoiling has come already, d.h. ein Kind ist schon gestorben). Fi me ngoa cheng ngan-vuutinga (you [the dead child] also take, go [=leave] the living beings).” Dies geschieht viermal; nach dem 4. Male darf sie essen; sie wäscht sich die Hände und man schert ihren Kopf kahl (ponika oder chiirika); the hair should grow with good luck; dann bringt man sie nach Apok Yeri zurück; der yeri nyono macht am nächsten Tage einen Gegenbesuch (jianta) in Ayienyam Yeri.

Vor der gaasika gibt es keine Speisetabus (wie in anderen Fällen, z.B. der Beschneidung). Man glaubt, dass Akawai ohne gaasika wieder Fehlgeburten haben wird. Eine gaasika nach dem Tod gibt es nur bei Frauen. Wenn eine Frau sich weigert, die gaasika durchführen zu lassen, gerät sie in Gefahr, eine Hexe zu sein. 

 

13. ZEIT ZWISCHEN BESTATTUNG UND 1. TOTENFEIER

Seelenspeisung

2002,4a: Anamogsi: Tote ohne funeral erhalten Nahrung, aber nicht täglich; besondere Geschenke (z.B. Bier durch den Gast) werden vor dem Verzehr eine Zeitlang in den dalong gestellt

 

Macht des Toten (in Form der Matte)

Inf. Yaw (2002): Tote vor ihrer Totenfeier haben schon Macht; sie können einen Lebenden töten; wenn die Matte vom Dachgestell herunterfällt, so bedeutet das, dass man bald die Totenfeier abhalten soll. Kein Wasser (z.B. von einem undichten Dach) darf die Matte berühren. Wenn man sich an einem Halm der Matte kratzt, muss man vayaam-Medizin auf die Wunde streichen. Falls dir jemand geflucht hat (kinkaasa), so muss er seinen Fluch zurücknehmen bevor die Matte in dein Haus kommt.

 

Werkzeuge am Grab (Foto)

1984,6b: Besichtigung von Leanders Grab; Tonschale halb sichtbar; daneben dachoruk-Griff und Hackengriff (ohne Blatt)

1986,0a: Beobachtung: auch neben Frafra Grabschalen (Bolgatanga) leerer Grabstock und Hackengriff

1994,4: Info Ansoateng (Totengräber): dachoruk- Hacken/Beil Griffe bleiben am Grab liegen bis sie verrotten; die Grabkalebasse wird im Dach des kusung oder kusung-dok aufbewahrt; sie wird bei der Totenfeier für nangfoba-Ritual gebraucht; liegt dann am tampoi neben den nangfoba-Tieren

2003, 11. Jan.: Beobachtung in Apok Yeri: am Grab (Di) liegen nach der nyiinika das Holz des dachoruk (wenn man es noch weiter gebrauchen wollte, hätte man es beräuchern müssen), und der Hackengriff; die Holzgriffe bleiben dort liegen, bis sie verrotteten oder von Kindern verschlürt werden; das Grab ist mit Dornen bedeckt, damit Tiere es nicht zerstören

 

Bruch der Grabschale (oder Sprung)

Mg34 (Gbedema): wenn noai boka nicht alle Gründe gefunden hat, kann später die Grabschale zerbrechen oder Sprünge aufweisen; Redensart: N dan kan yuen ale kpi, na boosuk ale na. If I do not speak (confess) and die, my boosuk will break.

Mg52b: Wenn (z.B. im Viehhof) boosuk zerbrochen wurde, wird Grab durch Stein bedeckt.

1981,31a: Leander: Wenn Grabdeckel von jemand zerstört oder beschädigt wird, muss er “Tier” (Ziege, Schaf, Rind) stellen, das getötet wird und von allen Anwesenden verspeist wird (kein Opfer!)

 

Sichttabu für Freunde

1984,6b: Besichtigung von Leanders Grab; als sein Freund dürfte ich es eigentliche nicht sehen; bevor wir zum Grab gehen: Schuhe aus!

1984,35b: Baba (Kobdem): Grab eines Freundes darf man 4 Jahre lang nicht sehen; Freund sendet nur Gaben an die Familie

 

14. KOKTA (ghosts, Gespenster)

Zusammenfassung mehrerer übereinstimmender Einzelinformationen: Ein kok hat eine körperliche (materielle) Gestalt. Seine Farbe ist hell (weiß, grau). Nicht alle Menschen werden nach dem Tode zu kokta, jedoch ist dieses bei bösartigen Hexen/Hexern (sakpaksa) gewöhnlich der Fall. Gespenster können nicht dem Aussehen nach von Lebenden identifiziert werden (d.h. welchen Verstorbenen es darstellt). Kokta halten sich jedoch gerne im Wohnbereich ihrer Mütter auf (Hexerei wird matrilinear vererbt). Kokta versuchen bestimmte Lebende (z.B. ehemalige Feinde) mit ihrer nassen Hand zu berühren. Die Menschen sterben einige Tage danach einen qualvollen Tod, wenn sie nicht, wie es für einige Fälle belegt ist, vorher Selbstmord begehen. Die Lebenszeit von kokta ist nicht sehr lang. Sie können sterben, wenn sie sich z.B. an Dornen leicht verletzen oder von Hyänen gefressen werden.

1973,179a Achaw: Gute Hexen werden keine kokta. Sie legen sich selbst im Grab Sand auf die Zunge und können das Grab danach nicht mehr verlassen. Bösartige Hexen werden mitunter vor der Grablegung gefesselt

1973,298b: Ayarik (Zuedema): Sein Großvater (vayiak, Totengräber) gab ihm einen metallenen Handgelenkreif. Bei einem nächtlichen Angriff durch kokta konnte er den Reif am Arm hochziehen und das Gespenst nahm schreiend Reißaus. Wenn die ganze Energie, z.B. nach einem kok-Angriff verbraucht war, war der Reif wirkungslos bis zu einer erneuten “Aufladung”.

Mg 24a (Gbedema): ein bestimmter Fels (pung) in Gbedema wird als nächtlicher Aufenthalt von kokta angesehen. Nur hier wächst eine bestimmte Pflanze, die nachts zu holen als eine Mutprobe, besonders bei jungen Männern, angesehen wird.

1986, 5b: J. Agalic (Kalijiisa, Examensarbeit): kokta live in the dayiik of their mother; nach der letzten Totenfeier werden sie von den vayaasa vertrieben; nach ihrem Tod können sie zu einem (bösen?) Baum oder Baumstumpf werden

1988,121b: Anamogsi: Wenn jemand einen kok getötet hat, muss er (mit einem Huhn) zu seinem Erdherrn (teng nyono) gehen, da der “owner” (kok nyono) des kok dessen Tod rächen will; nyono ist hier die Mutter des Gespenstes; das Huhn wird dem tanggbain (Erdheiligtum) geopfert und ein dung (Ziege, Schaf oder Rind) versprochen, wenn der kok den Töter in den nächsten Jahren in Ruhe lässt; Erdherr kann nicht direkt mit kokta in Verbindung treten

1988, 150b: Bawa Leander (die Aussagen müssten noch überprüft werden): Nach dem Tode können Tote, je nach ihrer Herkunft, verschiedene Gestalten annehmen; choruk (kanangchoruk; feliner Unhold): Chana (außer Chana-Basungsa) und Navrongo; jiruk: Chana-Basungsa und Nakong; kok: die meisten Bulsa; Kadema, Sandema, Wiaga; ngaukta (Krokodile): Yiwaasa (Bulsa): Wenn Kind stirbt, wartet man drei Tage am Teich und sieht dann Kind als Krokodil; piuk (Hyäne): Gbedema, Kanjaga, Fumbisi; juma (Fische): Kolugu (bei Navrongo)

1986, 39a*: Ghanatta (Gbedema): nach Berührung mit kok schwillt der Bauch des Opfers an (foalika), sein Haar wird rot und fällt aus (dies kann aber auch natürliche Ursachen haben)

 

 

B) TOD UND BESTATTUNG EINES KLEINKINDES

 

EIGENE BEOBACHTUNG IN ANYENANGDU YERI

 

1. Nach einer Lungenentzündung, die zu spät behandelt wurde, stirbt ein etwa einjähriges Mädchen in Anyenangdu Yeri.

 

2. Im Raum der Mutter halten ältere Frauen (auch aus Nachbargehöften) das Kind in den Armen.

 

3. Das Kind wird in einer kleinen, zerfetzten Kindermatte (ta-chiak) zum Abfallhaufen (tampoi) vor dem Gehöft gebracht. Wäre vor dem Mädchen der Mutter schon ein anderes Kind gestorben, wäre dieses Kind am Weg zum Elternhaus der Mutter beigesetzt worden.

 

4. Der Vater, der Gehöftherr und einige weitere Personen sitzen etwa 50 m entfernt an der Gehöftmauer.

 

5. Der Totengräber (Ansoateng, ein Nachbar) gräbt ein Loch in einem Ausläufer des Abfallhaufens mit einem Grabstock (dachoruk) und einer Kalebasse.

 

6. Alle Armbänder, Hüftschnüren, Amulette des Kindes werden vom Totengräber entfernt.

 

7. Der Totengräber führt Manipulationen an den Fingern des Kindes durch, “um sie weich zu halten” (der genaue Grund hierfür konnte nicht gefunden werden).

 

8. Grablegung in das etwa 50 cm tiefe Grab.

 

9. Lage: Kopf nach Süden, Gesicht nach Westen (wie Frauen). Ihre Hände liegen auf den Ohren.

 

10. Neben das Kind wird ein Stück einer Lehmwand gelegt.

 

11. Die Grabkalebasse wird zerbrochen. Die Scherben, der Griff des dachoruk, die Strohmatte und die entfernten Hand- und Fußschnüre bleiben beim Grab liegen.

 

12. Auf das Grab wird ein Stein gelegt (Foto)

 

13. Keiner der Anwesenden hat laut getrauert, obwohl man vor allem der Mutter und dem Vater den Schmerz ansah.

 

14. Inf. des Totengräbers 1988,99a: Begräbnis von Kleinkindern ist sehr problematisch; das Kind muss auf einer Seite liegen; sein Gesicht darf nicht zum Himmel zeigen; der Nabel darf nicht mit Erde bedeckt werden.

 

15. (Nicht beobachtet:) Kurz darauf (am selben Tag?) wurden der Mutter die Kopfhaare geschoren. Wenn sie etwas nachwachsen, schneidet man ein Kreuz in die kurzen Haare (barisika; nicht gesehen, da die Mutter immer ein Kopftuch trug).

 

 

WEITERE INFORMATIONEN ZU TOD UND BESTATTUNG VON KLEINKINDERN

 

(Weitere Informationen finden sich auch in F. Kröger: Übergangsriten im Wandel, 1978, S. 56-58)

1973,55a: Achaw: Wenn nach einem Kleinkind (bis zu etwa 3 Jahren) keine weiteren Kinder geboren wurden, und dieses Kind stirbt, so erhält es keine Totenfeier

1973,75a: Augustine (Sandema): “If the child is born dead, they have to take it outside of the house and bury it a few yards away from the house on the road [footpath] to the woman’s [its mother’s] father’s house”.

1973,300a: Ayarik (Zuedema): Einer Frau aus Ayariks Gehöft starben mehrere Kinder kurz nach der Geburt. Nach einer erneuten Geburt legte eine ausgeheiratete Tochter des Hauses (yeri lie) das Baby auf den Abfallhaufen (tampoi) und legte Asche auf das Haupt des Kindes. Es soll fortan nicht mehr sterben und wiedergeboren werden. Einem toten Kleinkind verdreht man auch einen Finger, einen Zehen oder ein Bein. Man kann so kontrollieren, ob es wiedergeboren wird (Neugeburt hat verdrehten Zehen...). Eine Mutter wünscht stets, dass ihr Kind wiedergeboren wird.

1973,331b: Leander: seine beiden Söhne George und William starben im Wiaga Krankenhaus. Nur ein Kleidungsstücke wurden außerhalb des traditionellen Gehöfts begraben. Nach der Bestattung rasierte der sanyigmo (Heiratsvermittler) in seinem eigenen Gehöft das Kopfhaar der Mutter vollständig ab. Sie blieb 3 Tage (bei toten Mädchen wären es 4 Tage gewesen) im Haus des sanyigmo. Danach gab er ihr Hirsemehl und tötete ein Perlhuhn. Sie durfte diese Dinge zum Verzehr mit in ihr eigenes Haus nehmen.

Das erste Kind, das sehr früh stirbt, wird (ebenso wie jede Nachgeburt) am tampoi begraben, die nächsten verstorbenen Kleinkinder am Fußpfad zum Gehöft ihrer Mutter (so 2 Mädchen Leanders). Wenn später geborene Kinder jedoch sehr kurze Zeit nach der Geburt sterben, können sie auch im tampoi begraben werden.

1979,26a: Abungaang (Sandema Yongsa): Das erste verstorbene Kleinkind einer Frau wird am Fußpfad zum Elternhaus der Frau begraben, weitere Kleinkinder derselben Frau im tampoi (Diese Aussage widerspricht der von Leander, 1973,331b)

Mg 59b: Der symbolische Verkauf von Kleinkindern, die nach mehreren früh verstorbenen Babies geboren werden, scheint bei den Bulsa nicht traditionell verankert zu sein. Mg ist jedoch ein Fall aus Accra bekannt: Das Kind einer Bulsa Frau aus Gbedema wurde an einen Zambarima Mann scheinbar verkauft und erhielt den Namen Azambarima. Brauch vielleicht von anderen Ethnien übernommen. Ebenso die scheinbare Aussetzung des Babys im Busch (Name des Kindes dann: Asaglie).

1984,5a: Peter Wangara (Sandema-Kobdem): “Sterben” für Kleinkinder nicht (Buli) kpi, sondern ngmain (return).

1986,12a (Dan: Examensarbeit): “children die when their lives do not want to see the troubles of this world” - Schmerz darf nur bis zur Beerdigung gezeigt werden; Totenfeiern von Kindern werden fast immer mit denen von Erwachsenen kombiniert; Totenmatte des Kindes bleibt eine Zeitlang im Zimmer der Mutter bis man sie zum kpilima dok (dalong) bringt.

1986,28a: Asugbe (Badomsa): Kleinkind im Viehhof begraben (andere Gehöfte begraben es außerhalb des Gehöftes), auf das Grab wird Stein gelegt.

1994,91b: Dan: Tod des etwa 12jährigen Akansang an Cholera (kein kum biok!) in Anyenangdu Yeri: er wurde im Viehhof beigesetzt.- Totenfeier später abgehalten

1997,51b: Wenn ein Kleinkind stirbt, das keine jüngeren Geschwister hatte, darf nicht getrauert werden

 

 

C) TOD UND BESTATTUNG EINES KIKIRUK (Unholdes)

 

Vorbemerkung: Kikita (pl.) sind gewöhnlich bösartige Buschgeister in menschlicher Gestalt. Äußere Zeichen eines kikiruk sind körperliche Absonderheiten (kleine Gestalt, ungewöhnlich großer Kopf, abnormale Anzahl von Zehen oder Fingern, Frühreife, Hasenscharte und andere Missbildungen). Auch Zwillinge werden gewöhnlich als kikita angesehen, wenn auch Unsicherheit bei einigen Informanten besteht, ob auch harmlose Zwillinge kikita sind.

Alle Angaben der folgenden Auflistung beziehen sich auf das einzige beobachtete kikiruk-Begräbnis in Wiaga-Sinyangsa am 17.4.1989. Die Namen der Akteure wurden aus Gründen des Datenschutzes anonymisiert.

 

FALLBEISPIEL SINYANGSA

 

Tod eines kikiruk

In einem Gehöft Sinyangsas wurden Zwillinge geboren, von denen einer die Brust der Mutter nicht annahm und nach einigen Tagen starb. Dies war ein klarer Hinweis darauf, dass es sich um einen kikiruk handelte.

 

Suche nach Bestatter

Alle aufgesuchten Totengräber fürchteten sich, den kikiruk zu bestatten. Daraufhin wendet sich der Vater an einen bekannten kikiruk-paroa (kikiruk-Heiler) der nach langem Zögern verspricht, drei seiner Söhne mit dem Begräbnis zu beauftragen

 

Medizinische Behandlung

Um 21 Uhr bereiten die drei Söhne in ihrem Gehöft ein Bündel Medizin (Wurzelstücke?) vor. Im Hause der Zwillingsgeburt wird die Medizin in eine Kalebasse mit Wasser gelegt. Der tote Zwilling hat einen sehr großen Kopf und riecht schon stark. Er liegt offen und unbekleidet in einem Raum (dok) auf einigen Tuchfetzen. Sein Vater schneidet ihm ein Halsband ab. Der Zwilling und anschließend der ganze Raum werden mit Hilfe eines Grasbüschels (sie, ‘Besen’) mit dem Medizinwasser besprenkelt.

 

Graburne

Ein Sohn des kikiruk-paroa sucht sich aus einem Topfstapel ein passendes schwarzes keramisches Gefäß (samoaning) in das das Kind, mit dem Kopf zuerst, gesteckt wird. Der Topf wird mit einem keramischen Deckel (kpalabik) abgedeckt und so zur Begräbnisstätte transportiert, die etwa 100 Meter vom Gehöft der Zwillingsgeburt entfernt ist.

 

Bestattung

1. Die Begräbnisstätte besteht aus einem Hügel der gusunguri-Ameise mit einem trichterförmigen Krater.

2. Die drei Söhne graben mit Hilfe einer Hacke, deren langes gerade Ende auch als Grabstock (dachoruk) mit dem gleichen umgesteckten Hackenblatt gebraucht werden kann, in der Mitte des Hügels ein Loch. Es ist so tief, dass der Keramiktopf gerade darin verschwindet.

3. Mit dem blattlosen Hackengriff schlagen sie in den Bauch und den Deckel des Gefäßes ein Loch, damit die Ameisen so besser eindringen können (Foto).

4. Das Loch und anschließend das Gefäß werden mit dem Medizinwasser besprenkelt (Foto).

5. Das Gefäß wird in den Grabschacht eingesetzt und dieser mit Erde angefüllt.

6. Alle Beteiligten waschen sich mit dem Medizinwasser über dem Grab Hände, Füße und Gesicht.

7. Nur der Besen (zum Besprenkeln der Medizin) bleibt auf dem Grab liegen.

8. Am Gehöft hält der Vater des Zwillings eine kurze Dankrede.

9. Als offizielle Bezahlung gibt der Vater des Kindes eine Ziege und ein dunkles Huhn. Als freiwilliges Geschenk außerdem noch ein buntes Huhn.

Inf. Anamogsi: Auch harmlose und erwachsene Zwillinge werden im Ameisenhügel begraben. Alle Zwillinge erhalten eine normale Totenfeier.

 

Opfer an die kikiruk-Medizin

Am Nachmittag des übernächsten Tages opferte der älteste der Bestatter im Beisein seines Vaters im eigenen Gehöft der kikiruk-Medizin (ein keramischer Topf mit flüssiger Medizin) das dunkles Huhn und die Ziege. Das Halsband und der Schwanz der Ziege werden auf den Medizintopf gelegt (Foto).

 

Trinken der kikiruk-Medizin

Nach Abschluss des Opfers trinken die drei Söhne und der teilnehmende Autor (F.K.) von der Zwillingsmedizin.

 

 

WEITERE INFORMATIONEN ZUM TOD VON KIKITA / ZWILLINGEN

 

1973,98b Leander: ein Zwilling wird entfernt vom Gehöft an geheimen Platz beerdigt; das Grab wird eingeebnet. Stirbt der zweiter Zwilling, muss er von gleichen Totengräbern bestattet werden.

1973, 116a: Anamogsi: ein kikiruk wird an einem geheimen Ort bestattet, oft in einem anderen Dorf

2001,61a*+ 63a*: Dan: nur schwangere Frauen und kikita werden nicht im oder beim Gehöft bestattet, Schwangere auf guuk, kikita im Ameisenhügel (gusunguri)

2002,16a: Anamogsi: auch harmlose Zwilling werden in einem Ameisenhügel (gusunguri) bestattet

 

D) NGARIKA: BESTATTUNG EINES IN DER FREMDE VERSTORBENEN   

 

Vorbemerkung: Eine vollständige ngarika (wörtl. das “Holen”) mit allen Details konnte nur im Gehöft Amanchinaab Yeri (Wiaga Badomsa) 2005 beobachtet und durch Fotos dokumentiert werden. Nach Anordnungen eines Wahrsagers musste die Bestattung eines vor langer Zeit vielleicht in Chana Verstorbenen (Abakaasi) durchgeführt werden. Alle unten stehenden Angaben beziehen sich auf diese ngarika. Einige zusätzliche Informationen verschiedener Informanten befinden sich am Schluss dieser Liste.

Ich bedanke mich bei dem Yeri Nyono (Amanchinaab), dem Leiter der Rituale (Anamogsi) und bei den Totengräbern, dass ich auch die Ritualen beobachten und fotografieren durfte, die als geheim gelten und durch Matten von allen anderen Anwesenden abgeschirmt werden (z.B. Nr.12: Formen der Lehmfigur im Ahnenraum dalong und die Grablegung des Verstorbenen hinter einer Abschirmung: Nr. 24-38).


Vortag vor Beginn der Hauptrituale: Eine Schlafmatte (tiak) wird zur Totenmatte des in der Fremde verstorbenen deklariert und im Ahnenraum (dalong) aufbewahrt.


Tag der Hauptrituale:

(Amanchinaab Yeri: 14.2.05)

1. Begrüßungen und Reden im kusung (Versammlungsraum vor dem Gehöft); Bewirtung der Gäste mit Hirsewasser und akpeteshi


2. Nördlich des Gehöfts, d.h. in Richtung auf den vermutlichen Todesort (Chana?) des Verstorbenen sammelt sich eine Gruppe; Amanchinaab bringt eine Kalebasse mit klarem Wasser und eine Hacke dorthin.


3. Die Totenmatte, getragen von einer Frau, wird aus dem dalong zum nördlichen Schauplatz (Chana-Weg) gebracht (Foto). Vor der Matte: eine Gruppe elders, hinter der Matte: eine Gruppe Frauen


4. Am Chana-Weg: elders, Frauen, Totengräber; wieder lange Reden


5. Ein Totengräber rollt die Totenmatte auf und entnimmt ihr ein weißes Tuch. Dieses Tuch sollte eigentlich den Schmutz (daung, z.B. Schweiß) des Toten tragen, in Ermanglung eines solchen Tuches wurde ein neues Tuch bereitgestellt.

Inf. Amanchinaab: man hätte statt des weißen Tuches auch einen kleinen smock nehmen können.

Inf. Yaw: Das weiße Tuch oder auch eine kleine weiße Dreieckshose heißt taguri. Taguri ist ein langes weißes Gewand, das vor allem von alten Männern getragen wird.


6. Der Totengräber gräbt unter Zugabe von Wasser aus der Kalebasse mit der Hacke ein Loch in den Boden.


7. Der Totengräber formt aus der feuchten Erde einen Lehmball, wickelt ihn in das weiße Tuch und rollte beides in die Matte ein. Die Matte mit Inhalt steht jetzt stellvertretend für den Toten (Foto).


8. Nach erneuten Reden tragen zwei barbrüstige Totengräber die Matte zum kusung.


NOAI BOKA (Mattenordal)


9. Zwei Totengräber tragen die Matte. Vor ihnen stellt Amanchinaab (in diesem Fall nur wenige) Fragen, die den Todesgrund herausfinden sollen. Ergebnis: Kein Mensch ist an dem Tod schuld (Foto).


10. Matte von den zwei Totengräbern in den Innenhof gebracht und wieder im dalong aufbewahrt.


11. Von jetzt an darf getrauert werden. Einzelne Gruppen (sehr oft Frauen) kommen zur Matte und wehklagen. Eine Trauernde wird von zwei anderen Frauen gestützt. Nach dem Trauerritual wäscht sich die/der Trauernde in einer Ecke des Innenhofes das Gesicht mit klarem Wasser.


12. In dem durch Matten verschlossenen dalong formen zwei Totengräber aus dem Lehmball eine Figur (Foto).


13. Begräbnis vor dem Gehöft durch die Totengräber

a) Die Grabstelle und mit ihnen die Totengräber werden durch Matten von den Blicken der Besucher abgeschirmt.

b) Der Boden an der vorgesehenen Grabstelle wird gereinigt.

c) Mit dem Grabspaten (dachoruk) wird ein Kreis gezogen.

d) Eine Kalebassenschale wird mit der Öffnung nach unten auf die Grabstelle gestellt und dreimal ein kleiner Stein auf die Schale geworfen.

e) Der Schacht wird mit einem Hackenblatt, der Kalebassenschale und den Händen ausgehoben (Foto).

f) Als Beleuchtung dienen Strohfackeln (miena, miensa), die jeweils aus einem einzigen Halm bestehen (Foto). Es werden aber auch Taschenlampen eingesetzt.

g) Begutachtung des Grabs durch den Yeri Nyono Amanchinaab; auch seine beide Söhne

h) kpaamka (warning): über den Schacht wird eine Kalebasse gesetzt; Verbot für alle (auch Totengräber) das Grab wieder zu betreten


14. Totengräber erhalten vayaasa nyiam (Hirsewasser für Totengräber), das von den Frauen im Innenhof zubereitet wurde (dies wird auch als Teil der vorub kpiak Geschenke angesehen).


15. Ein einfacher zukpaglik (Nackenstütze) wird aus einem dicken Aststück geschnitzt (es kann ein beliebiges Holz sein) und an das Kopfende der Matte (im dalong) gebracht (Foto).


16. Eine Grabschale in Form einer keramischen chari-Schüssel wird neben das Grab gestellt und später ein Loch in diese Schale gebohrt, damit die Seele des Toten hierdurch ein- und ausgehen kann.

 

17. Der schon vor den Riten als formeller Bestatter bestellte Mann (Anyik) ist verhindert und ein Sohn Anamogsis übernimmt diese Rolle (er tritt jedoch praktisch nie in Erscheinung).


18. Für die Totengräber erhalten (vor dem eigentlichen vorub kpiak-Ritual, s. Nr. 19 und auch Nr. 14) schon drei Schalen Hirsewasser (1 davon für kusung-Leute), 1 Flasche Akpeteshi, 1 Kalebasse Erdnüsse (eine Handvoll davon für kusung) und eine Tüte Tabak ans Grab gestellt, dann zum kusung und dann wieder ans Grab.


19. Vorub kpiak:

a) Totengräber (Atongka) bewegt Huhn dreimal über den Schaft

c) schlägt es gegen dachoruk und tritt darauf; Huhn darf nicht aufflattern.


20. Atongka gießt etwas Hirsewasser neben das Grab (kaabka = Opfer) und legt 3 Erdnüsse und etwas Tabak neben das Grab.


21. Atongka steckt ein großes gestreiftes garuk-Gewand in das Grab.


22. Vorub buuk: Eine Ziege wird beim Grab getötet; Blut fließt in eine Kalebassenschale (Foto).


23. Im Nachbargehöft werden über den Gräbern von jüngst Verstorbenen auch 2 Ziegen getötet


KPIAK GEBIKA im dalong


24. Der dabiak wird mit einer tiak-Matte verschlossen; im Inneren nur die Totengräber Atongka und Ayogsi mit einem Huhn (und F.K.).


25. Amanchinaab, dem jemand die Augen zuhält greift mit einer Hand an der Matte vorbei ins Innere des dalong, wo er einen Teil des Huhns ergreift und es mit Atongka am anderen Ende straff zieht.


26. Das Huhn wird mit einem Haumesser in der Mitte geteilt. Hierdurch sollen alle Flüche und Streit mit dem Toten hinweggenommen werden (Foto).


27. Die Totenmatte wird wieder zusammengerollt und aus dem dalong getragen.


28. Der Grabschacht wird mit der Totenmatte abgeschirmt. Im Inneren der Abschirmung drei Totengräber und F.Kröger.


29. Ein kleines garuk-Gewand wird von Atongka um die Lehmfigur gelegt (Foto) und beides ins Grab gelegt (Foto).


30. Amanchinaab muss die Einbettung der “Leiche” (Figur) überprüfen und sie berühren.


31. Atongka legt einen großen weißen smock aus Webstreifen für den toten Abakaasi in das Grabloch; Gefahr, dass die Seele eines Lebenden sich in das Gewand einschleicht; vor dem Einlegen daher Gewand ausgebreitet und zusammengerollt


32. Amanchinaab wirft 3x Erde mit der Hand ins Grabloch.


33. Amanchinaab bewegt die Grabschale (boosuk) 3x über das Grabloch


34. Bevor Erde in den Schacht geworfen wird, stellt Atongka sein Bein in das Grab, um so zu verhindern, dass Erde in die Ohren und das Gesicht des Toten gelangen; die eingeworfene Erde wird mit dem Holzende des dachoruk gepresst, damit das Grab später nicht einsinkt.


35. Nachdem über dem Grabschacht ein kleiner Erdhügel aufgeschüttet worden ist, bringt Atongka Erde in den chari und stülpt ihn über den Erdhügel.


36. In dem seitlichen, kleinen Loch der Grabschale befindet sich der Splitter eines Hirsehalmes (ngmeeni) damit keine Erde eindringt; das Loch muss (für Männer) nach Osten weisen.


37. Atongka sprenkelt Wasser über die Grabschale und verputzt sie dann mit Lehm (Foto).


38. In den Putz zeichnet Akannyeanyin und - rechtwinklig dazu - Ayogsi mit den Fingern der linken Hand ein Kreuz.


39. Händewaschen der Beteiligten


40. Neben dem verputzte Grab liegt die Kalebasse, die man für das Besprenkeln benutzt hat, der Wassertopf (liik), mit dem man Wasser zur Grabstelle gebracht hat, und der Schaft des dachoruk. Die Eisenteile werden zur späteren rituellen Reinigung in den kusung gebracht.


41. Die Abschirmmatte (Totenmatte) wird eingerollt, das blaue cover-cloth herum gelegt und mit dem spitzen Ende nach unten im dabiak aufgestellt. Erst jetzt kann sie ta-pili genannt werden.


42. Verteilung des Ziegenfleisches


HANGING OF THE MAT (tapili yika)

(Ritual immer nur nachmittags; in Amanchinaab Yeri außer Yaw und mir nur 7 Personen - Mehrzahl weiblich - involviert; 17.2.05)


43. Zeit: 3 Tage nach Beerdigung


44. Beginn mit Reden im dabiak (kürzer als vor Bestattung)


45. Die Totenmatte, die noch in einer Ecke des Innenhofes steht, wird in die Mitte des Innenhofes gelegt, das Tuch entfernt und von zwei barbrüstigen und barfüßigen Totengräbern mit Faserschnüren umwickelt.


46. Ein Totengräber trägt die Matte in den dalong, wo sie unter der Decke befestigt wird (Foto).


47. In der Nähe des kusung werden die benutzen Objekte rituell durch Räuchern gereinigt: das cover-cloth (Foto), ein Keramiktopf, eine Kalebasse, das Hackenblatt, das zum Grabschaufeln benutzt wurde.


48. Böllerschüsse zeigen das Ende des Gesamtrituals an (Foto).


49. Die Totengräber waschen sich die Hände und spülen den Mund aus.


Weitere Informationen über ngarika

1979,18a: Inf. Leander: Abonwari war während der Sklavenkriege verloren gegangen; ein Wahrsager findet heraus, dass er tot ist, und Atiim lässt “ihn” begraben. Er nimmt etwas Erde vom Flurstück Atekauk und wickelte sie in ein Tuch. Er bestreicht damit Abonwaris Totenmatte, wickelte Erde und Tuch hinein und bringt alles ins Gehöft. Noai boka: Grund seines Todes: kein Familienangehöriger, sondern Abonwari war selbst schuld (Matte läuft zum Ahnenraum). Dann wurde die Matte (F.K.: ??) mit 1 cap, 1 smock, 1 triangle cloth, 1 hoe blade (to put his ear on) begraben. Für die Totengräber (vayaasa oder ve tuerisa) wurde 1 Hahn (als kpiak vorub) und ein Schaf geschlachtet.

Mg. 1980,34a: Wenn ein Bulsa im Süden stirbt, kann auch sein Leichname (und nicht nur Erde vom Grab) zum Norden transportiert werden; Leiche wird (z.B. im Krankenhaus) einbalsamiert; Transport sehr teuer; die meisten bringen die Matte (sic) mit etwas Erde (vom Grab) und Kleidungsstücke zum Norden; noai boka wird immer im Norden ausgeführt.

1988, 133b: Dan (?): Asiuk Ataba war in Kumasi gestorben; man brachte Erde von seinem Grab zuerst in Danlardy’s Haus in Yongsa; von dort nach Akankisi Yeri; Erde und ein Kleidungsfetzen wurden in einem nicht sehr tiefen Grab begraben.

1988,202b: Die Tochter von Akanmings Sohn starb im Süden; beim Gehöft Akanmings begruben 2 Totengräber (Ansoateng und Asaaluk) Erde und eine Unterhose (pant) der Toten.

2005. FB, S.5+9: Anamogsis Frau Agoalie starb kurz nach ihrem Auszug aus dem Gehöft ihres Mannes in ihrem Elternhaus in Sandema-Nyansa und wurde dort ohne Teilnehmer aus dem Gehöft ihres Gatten beerdigt; da Anamogsi ihre Totenfeier abhalten wollte, beschaffte er sich im Nyansa Gehöft (durch Ayabalie?) Erde vom Grab und einige Kleidungsstücke ohne offizieller Erlaubnis aber unter stillschweigender Duldung von Nyansa. Daher konnte Nyansa auch nicht zur ngarika-Beerdigung kommen (2-3 Wochen nach ihrem Tod; sie kamen jedoch später zum funeral). Die noai boka ergab, dass Agoalie selbst Schuld an ihrem Tod war, weil sie ihren Auszug nicht angekündigt hatte. Agoalie’s Graberde und ein Kleidungsstück wurden in Aluechari Guuk beerdigt (mit allen Riten einer wirklichen Bestattung).

Inf. Yaw (fn 2006,1) : In Anyenangdu Yeri (Badomsa) verstarb ein Sohn des Gehöftherrn im Geburtshaus seiner Mutter (Bachinsa), wo er auch begraben wurde. Wenn die Totenfeier auch in Bachinsa stattgefunden hätte, hätte nie mehr ein außerhalb des Gehöftes Verstorbener eine Totenfeier in Anyenangdu Yeri erhalten können (lakori-Prinzip). Bachinsa gab das Funeral nicht offiziell ab. So holten man sich heimlich (secretly) und ohne Zustimmung von Bachinsa etwas Erde vom Grab des Mannes. "Die Bachinsa-Leute taten so, als ob sie nichts sehen". Er wurde dann nach den ngarika-Riten in Anyenangdu Yeri begraben.

1988,331b*: Leander: Seine jung in der Wiaga Klinik verstobenen Söhne George und William wurden in der Nähe der Klinik begraben; Haar der Mutter von ihren sanyigmo (Heiratsvermittler) in dessen Haus geschoren; sie blieb 3 bis 4 Tage in dessen Haus; dann mahlte er Mehl und tötete ein Perlhuhn für sie, das sie in ihrem eigenen Haus essen durfte; neben Leanders traditionellem Gehöft Asik Yeri wurde nur Erde vom Grab der Söhne und Kleiderfetzen begraben